Aktuelle Meldungen
Verleihung des DGNI Pflege- und Therapiepreises 2022 sowie der Posterpreise
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Vier Referentinnen aus Münster, Meerbusch, Göttingen und Darmstadt hatten sich mit ihren Bewerbungen um den DGNI Pflege- und Therapiepreis 2022 qualifiziert und waren zur ANIM2022 eingeladen. Mit ihren Präsentationen rangen sie um den begehrten Preis der DGNI. In der Präsentation von Christiane Haack, Meerbusch, ging es um den „Meerbuscher Dekanülierungs Standard (MDS)”. Veronika Kreysch, Münster, gab einen Einblick in die “Entwicklung eines Einarbeitungsleitfadens für Physiotherapie auf der Intensivstation” und bei Silke Stebner, Darmstadt, hieß das Thema „NEURO: Logisch! - Ein interprofessionelles Symposium für neurologische und neurochirurgische Intensivmedizin”. Shiney Franz, Göttingen, konnte sich mit ihrem überzeugenden Vortrag „Interprofessionelle Teamarbeit auf neurologischen Frührehabilitationsstationen” durchsetzen. Der DGNI Pflege- und Therapiepreis wurde ihr von Dr. Peter Nydahl, Kiel überreicht.
Kongresspräsident Prof. Dr. Oliver Sakowitz verlieh die diesjährigen Posterpreise der DGNI. Den ersten Posterpreis bekam Sarah Reitz und die weiteren Posterpreise gingen an Carolin Beuker, Verena Rass, Helena Stengl, Monika Lindner und Julia Isakeit.
Fallserie zu Prä-VITT-Syndrom – postvakzinale Thrombosen verhindern
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Eine wegweisende Arbeit der Klinik für Neurologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin, der Universitätsmedizin Greifswald und des IGNITE-Netzwerks hat gezeigt, dass sich bei frühzeitiger, konsequenter Therapie gefährliche postvakzinale Thrombosen nach einer Impfung mit einem COVID-19-Vektorimpfstoff vermeiden lassen. Dr. med. Farid Salih von der Berliner Charité berichtete über 11 Betroffene, die sich fünf bis 18 Tage nach Impfung mit dem Vakzin der Firma Astrazeneca wegen heftiger Kopfschmerzen vorstellten. Sie erfüllten alle Laborkriterien einer Vakzin-induzierten thrombotischen Thrombopenie (VITT), ohne dass jedoch Hirn- oder Sinusvenenthrombosen vorlagen. „Insgesamt lässt sich konstatieren, dass es offensichtlich ein Prä-VITT-Syndrom gibt, eine VITT ohne thrombotische Manifestationen – bei dem die schweren Kopfschmerzen somit kein Begleitsymptom, sondern ein Warnsymptom für die spätere Entwicklung eines VITT sein können, was einen Handlungsspielraum für frühzeitige therapeutische Interventionen eröffnet“, erklärte der Mitautor der Studie, die kürzlich im renommierten „The New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde. Eine zwischenzeitlich durchgeführte Nachuntersuchung bei 20 Personen mittleren Alters bestätigte, dass eine frühe Therapie des „Leitsymptoms Kopfschmerz“ thrombotische oder hämorrhagische Komplikationen verhindern kann.
Zum ersten Mal auf der ANIM – die DSG Stroke Winter School
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Zum ersten Mal fand auf der ANIM der Ganztageskurs der DSG für das interprofessionelle Team der Stroke Unit statt. Für Assistenzärzte, Pflegefachleute und Therapeuten ging es um interessante Themen wie „Versorgung in Deutschland und international – historische Entwicklung und aktueller Stand”, „Zertifizierungsprozess der DSG – was ist der Nutzen für die Patienten und die Mitarbeiter auf der Stroke Unit?” und das Thema „Neglect nach Schlaganfall – was bei Neglect nach Schlaganfall oft übersehen wird”. Außerdem ging es um Dysphagie nach Schlaganfall unter der Frage „Welche Hirnläsionen prädisponieren für eine Schluckstörung?”, um „Interdisziplinäre Kommunikation –Perlen und Pitfalls” sowie um „Frühe Förderung auf der Stroke Unit – Pflegekonzepte in der Vernetzung” und die Erfassung von Schmerzen bei Einschränkungen der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit. Ein weiteres Thema war die Resilienzförderung für Mitarbeiter im Gesundheitswesen.
Präsidentensymposium mit spannenden Beiträgen zur NeuroIntensivmedizin
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Drei hochaktuelle neurointensivmedizinische Vorträge erwarteten die Teilnehmer beim diesjährigen Präsidentensymposium, das traditionell bei der ANIM vom Kongresspräsidenten persönlich gestaltet wird. Flankiert von Prof. Dr. Julian Bösel, Kassel, und Prof. Dr. Helmuth Steinmetz, Frankfurt am Main, als Co-Chairs, eröffnete Prof. Dr. Oliver W. Sakowitz sein Symposium mit den Worten: „Wir haben berufene Redner gewinnen können!”. Die Tagungsteilnehmer durften gespannt sein auf drei renommierte Neurowissenschaftler, deren Vorträge heute am zweiten Kongresstag direkt aus dem Studio in Jena gestreamt wurden.
Der erste Redner war Prof. Dr. Norbert Weidner, Klinik für Paraplegiologie – Querschnittzentrum Universität Heidelberg, dem aktuelle Daten aus dem deutschen Register für Trauma- und Unfallchirurgie für seinen Vortrag „Akute traumatische Querschnittlähmung – wie geht es weiter?“ zur Verfügung gestellt wurden. Im Anschluss hielt Prof. Dr. Jens Dreier, Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie an der Charité Berlin, seine Präsentation „Neues zu Streudepolarisationen nach SAB“ mit beeindruckenden Bildern und Videoaufnahmen zum Schlaganfallgeschehen. Als dritter Redner schaute Dr. Raimund Helbok aus Österreich von der Neurologischen Intensivmedizin und Neuroinfektiologie, Neurologie Innsbruck, über den Tellerrand. Er präsentierte in einer länderübergreifenden Gesamtschau unterschiedlicher Studien einen Abriss erster Vermutungen, zum Teil fragwürdiger Veröffentlichungen und tatsächlicher Erkenntnisse zu „NeuroCOVID und seine Folgen in Europa“ mit dem abschließenden Appell, mit Blick auf COVID-19 wie gewohnt auf der Basis bewährter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu agieren.
Akute traumatische Querschnittlähmung – wie geht es weiter?
Prof. Dr. Norbert Weidner, der als Neurologe im Bereich Neuroregeneration und Plastizität des Rückenmarks im In- und Ausland zu diesem Thema aktiv ist, stellte den Stand der gegenwärtig laufenden NISCI-Studie „No-Go Inhibition in Spinal Cord Injury“ in Bezug auf traumatische Rückenmarkverletzungen vor. „Dass die akute traumatische Querschnittslähmung als ,Waisenkind’ der Neurointensivmedizin gilt, ist eigentlich eine gute Nachricht”, eröffnete Prof. Weidner seinen Vortrag. „Denn es handelt sich tatsächlich um eine seltene Erkrankung mit einer Inzidenz von etwa 1000 traumatischen Querschnittslähmungen pro Jahr in Deutschland. Dazu kommen etwa nicht traumatische, also 2000 akuten Querschnittlähmungen im Jahr.” Die spannende Frage war: Welche Therapiemöglichkeiten gibt es, um den neurologischen Erholungsverlauf der Querschnittslähmung zu beeinflussen? Die NISCI-Studie soll zeigen, ob mithilfe einer Antikörpertherapie die Körperfunktionen sowie die Lebensqualität von querschnittgelähmten Patienten verbessert werden können. Dabei kommen spezielle Antikörper zum Einsatz, die Eiweiße blockieren, die wiederum das Nervenneuwachstum im Rückenmark behindern.
Ziel der Behandlung ist es, dass „Nerven wieder, zumindest im eingeschränkten Maße, spontan aussprossen und damit die neurologischen Beeinträchtigungen geringer ausfallen“, so der Experte vom Querschnittszentrum Heidelberg. Nach einer erfolgreichen Phase-I Studie, in der die Sicherheit des Wirkstoffs untersucht wurde, ist es das Anliegen der Phase-II-Studie zu belegen, inwieweit der Antikörper innerhalb von 28 Tagen nach Eintritt der Querschnittslähmung wirksam ist und sich eine Verbesserung zeigt. „Bislang wurden 96 Patienten in die Studie aufgenommen. Wir hoffen, sie bis Ende des Jahres 2022 abschließen zu können“, gibt Prof. Weidner einen Ausblick.
Nach der akuten Phase in der Klinik stellen sich oftmals weitere Begleiterkrankungen ein, häufig auch neuropathische Schmerzen oder heterotope Ossifikationen. In einem Projekt konnte im Tiermodell herausgefunden werden, dass Laufbandtraining wirksam ist, die neuropathischen Schmerzen abzumildern. „Es gibt erste Hinweise darauf, dass auch beim Patienten rehabilitative Interventionen zum einem verminderten Schmerzlevel führen könnten“, referierte Prof. Weidner. In einer weiteren Untersuchung zum Erhalt oder zur Verbesserung der Mobilität von Patienten nach der stationären Behandlung soll untersucht werden, ob sie mit einer Querschnittlähmung nach der Entlassung aus der Klinik auch ambulant adäquat versorgt werden. Eine wichtige Frage war auch, wie gut Patienten tatsächlich in der Lage sind, das in den Alltag zu übertragen, was sie an rehabilitativen Interventionen während der stationären Behandlung im Querschnittszentrum oder in einer Rehabilitationsklinik erfahren haben.
Symposium der IGNITE - Aktuelle Studien in der NeuroIntensivmedizin
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Netzwerk, Studiengruppe, Konzeptschmiede – das ist die IGNITE in der DGNI. Der aktuelle Rück- und Ausblick zu Studien der Initiative of German NeuroIntensive Trial Engagement, mit viel Enthusiasmus vorgetragen von PD Dr. med. Wolf-Dirk Niesen, war mitreißend – eine Einladung für weitere Mitstreiter dieser aktiven, offenen Gruppe von klinisch und wissenschaftlich aktiven Neurologen und Neurochirurgen innerhalb der DGNI. Die jungen Ärzte und Wissenschaftler führen gemeinsam klinische Studien durch und treiben die Forschung in der NeuroIntensivmedizin auf einem hohen Niveau voran. Im Anschluss an die Vorstellung der ganzen Bandbreite aktuell laufender und in Vorbereitung befindlicher Studien sowie bereits veröffentlichter Studien im Bereich der NeuroIntensivmedizin wurde das aktuelle Publikationsverzeichnis der IGNITE mit den Studienprojekten dargestellt, das eindrucksvoll die breit gefächerten Interessen der NeuroIntensivmedizin veranschaulichte. Im wissenschaftlichen Fokus der Studien stehen derzeit Hemikraniektomie, Zerebrale Ischämie, Intrazerebrale Blutung, Neuromuskuläre/ Autoimmunerkrankungen, Status epilepticus, COVID-19 und Allgemeine Intensisvmedizin. Für das Jahr 2022 sind fünf IGNITE-Projekte in der Publikations-Pipeline: EARLYNDRAIN, SETPOINT2, PANDEMIC, PROSA und Meningitis in der COVID-Pandemie. Die Take home message war eindeutig: „The next big thing“ steht schon vor der Tür!
Einen weiteren Einblick zu wegweisenden Studien der NeuroIntensivmedizin 2021 gab es in den Präsentationen von Dr. med. Farid Salih, Berlin, und Dr. med. Sylvia Bele, Regensburg, mit einer kurzen Zusammenfassung der wichtigsten Untersuchungen aus ICB, SAB, Ischämie, Trauma und entzündlichen ZNS-Erkrankungen.
Mit dem Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die NeuroIntensivmedizin beschäftigte sich die Präsentation von Prof. Dr. Julian Bösel, Kassel. Mit der Frage „Wo stehen wir, wo geht es hin?” gab er einen Überblick über internationale Forschungen der letzten zwei Jahre. “Schon früh haben wir und andere festgestellt, dass die direkte Schädigung des Virus keine Rolle zu spielen scheint, sondern das, was das Virus antriggert”, so Prof. Bösel, sogenannte “Virus-assoziierte Mechanismen”. Wie die Vorstellung verschiedener internationaler Kohortenstudien aus zwei großen Registern mit über 3500 COVID-Patienten zeigte, kommt es etwa bei der Hälfte der Patienten mit neurologischen Manifestationen zu Enzephalopathien. Eine groß angelegte New Yorker Studie zeigte unter COVID-Patienten eine Häufigkeit von 13,5 % von neurologischen Manifestationen, davon fast 7% mit Enzephalopathien. Neurologischen Manifestationen waren assoziiert mit einer mehrfach erhöhten Krankenhausmortalität. Eine Vielzahl von Studien zu pathogenetischen Mechanismen untersucht, welche Prozesse dabei eine Rolle spielen könnten. „Kleine Fallserien” geben Hinweise darauf, Enzephalopathien „immunologisch zu behandeln”. Neurologische Manifestationen bei intensivpflichtigen Patienten mit COVID-19 werden aktuell in der von der IGNITE initiierten PANDEMIC-Studie untersucht, die Dr. med. Konstantinos Dimitriadis, München, vorstellte: die Pooled Analysis of Neurologic DisordErs Manifesting in Intensive care COVID-19, eine prospektive multizentrische Beobachtungs-Registerstudie.
Interprofessionelles Delir-Management - Herausforderung auf der NeuroIntensivstation
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Ein Schwerpunktthema der interdisziplinären und berufsgruppenübergreifenden ANIM ist in diesem Jahr das Delir auf Intensivstationen. Gleich mehrere Symposien widmeten sich diesem Symptomkomplex, der durch Verwirrtheit, Aufmerksamkeits-, Orientierungs- und Bewusstseinsstörungen gekennzeichnet ist.
Dr. med. Joji B. Kuramatsu, Erlangen, der seine Präsentation gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Symposiums zum Interprofessionellen Delir-Managements Dr. Peter Nydahl, Kiel, vorstellte, betonte die Notwendigkeit, die Auseinandersetzung mit dem Delir in der klinischen Praxis noch stärker zu implementieren. Intensivmediziner und alle anderen Berufsgruppen müssten sich des Delirs und seiner lang- und kurzfristigen Komplikationen besser bewusst sein. Akute Kognitionsstörungen werden oftmals noch als unvermeidliche Folgen der Schwere der Grunderkrankung angesehen oder als Auswirkungen der diversen auslösenden Faktoren der Umgebung auf der Intensivstation. „Häufig gibt es noch eine diagnostische Unschärfe“, so Dr. Kuramatsu. In Summe verfüge man über eine hohe Komplexität prädisponierender und präzipitierender Faktoren. Ein gestörter Schlafrhythmus, beispielsweise durch mangelnde Lichteinstrahlung, führe zu diversen Problemen. Weitere negative Folgen, verbunden mit dem Delir, seien eine höhere Mortalität, längere Intensiv- und Krankenhausaufenthalte sowie chronische kognitive Beeinträchtigungen.
Aus Sicht der Neurointensivpflege referierte Dr. Peter Nydahl, Kiel zur Bedeutung der Interprofessionalität im Delir-Management. „Wer nach Medikamenten und Dosierungen fragt, hat Delir-Management immer noch nicht verstanden“, erklärte der Pflegewissenschaftler. Erste Wahl sind pflegetherapeutische Maßnahmen. Das Management beginne beim Screening. „Die Info der benutzen Screening-Instrumente wie CAM-ICU oder ICDSC muss an einen Arzt gegeben werden, der mit dem Goldstandard der DSM-5 die Diagnose bestätigt.“ Ganz entscheidend sei dabei eine medizinische Priorisierung der Ergebnisse. „Die Zeit ist reif für interprofessionelles Training mit Ärzten, Therapeuten und Pflegenden.“
Im Symposium unter Vorsitz von Prof. Dr. Hans-Christian Hansen, Neumünster, und Dr. Nils Margraf, Kiel, stand vor allem die Bedeutung des Delirs im Vordergrund. In seinem Vortrag prüfte Prof. Dr. Julian Bösel, Kassel, wie folgenreich die Problematik des Delirs im Rahmendes Post-ICU Syndroms ist. Das Post-Intensive-Care-Syndrom (PICS) umfasst körperliche, kognitive und psychische Symptome, insbesondere verminderte Belastbarkeit, Muskelschwäche, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Prof. Bösels Hauptaugenmerk lag auf den kognitiven Langzeitfolgen der Intensivmedizin. Die Bandbreite von kognitiven Störungen ist dabei sehr groß. Die Bezeichnung „Durchgangssyndrom“ suggeriere eine passagere Erkrankung. Das Delir gehe jedoch mit einer erhöhten Letalität, einem längeren Krankenhausaufenthalt und einem schlechteren Behandlungsergebnis einher. „Die Differenzierung von Hirnschäden und Intensiv-Effekten bei Patienten der Neurointensivmedizin ist schwierig“, erklärte Prof. Bösel. „Viele der Krankheiten, die wir auf der Neurointensiv finden, bringen für sich schon 30-40 Prozent kognitiven Abbau mit sich. Daher ist es schwierig, noch zu differenzieren, was die Intensivmedizin dazu noch beiträgt.“ Für den weiteren Erkenntnisgewinn auf Neurointensivstationen müssten daher spezifische Delir-/ Kognitions-Erfassungenentwickelt werden.