COmbination of Targeted temperature management and Thrombectomy after acute Ischemic Stroke (COTTIS)

Kombination eines gezielten Temperatur-Management und Thrombektomie beim akuten ischämischen Schlaganfall

Dr. Juergen Bardutzky

Dr. Wolf Dirk Niesen

Koordinator: Prof. Dr. med. Jürgen Bardutzky, Freibur

Stv. Koordinator: PD Dr. med. Wolf-Dirk Niesen

Stand: Rekrutierung COTTIS-1 (seit 11/2021)

 


Hintergrund

Bei Patienten nach kardio-pulmonaler Reanimation ist die umgehende therapeutische Hypothermie als Standardtherapie etabliert, um den zerebralen Reperfusionsschaden nach Wiedererlangung der Kreislauffunktion zu minimieren. Auch beim experimentellen Schlaganfall konnte durchgehend ein robuster neuroprotektiver Effekt der Hypothermie gezeigt werden. Klinische Studien zur Hypothermie beim akuten Schlaganfall konnten bisher jedoch noch keinen sicheren Nutzen nachweisen. Die wesentlichen Gründe hierfür sind: 1. die Kühlung wurde zu spät nach Ischämiebeginn ohne noch rettbares Gewebe eingesetzt, 2.  nur bei ca. 25-40% der Patienten kam es zu einer Wiedereröffnung des verschlossenen Hirngefäßes 3. wache Patienten tolerieren eine induzierte Kühlung nicht oder nur unter starken Nebenwirkungen wie Kältezittern und Dyskomfort.

Pathophysiologische und experimentelle Daten legen aber nahe, dass die Hypothermie ihre maximale neuroprotektive Wirkung nur ausübt, wenn sie früh während der Ischämie und über die vulnerable Reperfusionsphase hinaus eingesetzt wird. Seit 2015 ist bei Patienten mit großem Gefäßverschluss die endovaskuläre Thrombektomie etabliert und als Therapie der Wahl zusätzlich zur medikamentösen Thrombolyse von den aktuellen Leitlinien empfohlen. Bei solchen Patienten mit Verschluss einer großen Hirnarterie existiert i.d.R. ein noch großes rettbares Hirnareal im betroffenen Versorgungsgebiet der verschlossenen Arterie (sogenannte Penumbra), und die Thrombektomie führt bei 75-80% zu einer Wiedereröffnung des Gefäßes zu einem genau definierten Zeitpunkt. Diese Patienten werden für die Thrombektomie in einem überwiegenden Teil der Fälle intubiert und analgosediert, so dass hier die Probleme der Wach-Hypothermie nicht zum tragen kommen und die Patienten dieser zusätzlichen Therapieanwendung somit zugänglich werden.

Zur Hypothermie-Induktion kommt die transnasale Kühlung mittels RhinoChill der Firma BrainCool zum Einsatz, eine nicht-invasive, sofort einsetzbare Technik, die eine rasche Absenkung der Hirntemperatur von ca. 1.4°C/h ermöglicht.  Die Durchführbarkeit und Sicherheit wurde in mehreren Beobachtungsstudien und 2 randomisierten Studien bei Reanimations-Patienten belegt. Bei akuten Schlaganfallpatienten kam diese Form der Hypothermieinduktion bislang nicht zur Anwendung.

In den COTTIS-Studien soll nun die Anwendung einer raschen Hypothermie-Induktion vor einer mechanischen Thrombektomie und Verschlußrekanalisation mittels transnasaler Kühlung und die Aufrechterhaltung der Hypothermie über die Reperfusionsphase nach Rekanalisation mittels klassischer Oberflächenkühlung untersucht werden.

Methode

Studiendesign

Die COTTIS-1-Studie ist eine oligozentrische nicht-randomisierte, nicht-kontrollierte Pilot-Studie deren Ziel die Durchführbarkeit und Sicherheit einer Hypothermie während und nach der Rekanalisaiton großer Gefäßverschluss mit der mechanischen Thrombektomie mit transnasaler und folgender Oberflächenkühlung ist. Sie dient darüber hinaus zur Fallzahlplanung der hieran anschließenden

COTTIS-2-Studie, die eine kontrollierte, randomisierte und outcome-verblindete multizentrische Studie ist, die die Überprüfung einer Outcomeverbesserung durch die kombinierte Anwendung einer milden Hypothermie während der Rekanalisation und der Reperfusionsphase in Ergänzung der mechanischen Thrombektomie im Vergleich zur Thrombektomie alleine zum Ziel hat.

Teilnehmende Zentren

COTTIS-1: Universitätsklinikum Freiburg, Klinikum Darmstadt

COTTIS-2: in Vorbereitung Universitätsklinikum Freiburg, Klinikum Darmstadt, weitere Zentren in Rekruitierung Kontakt s.u.

Einschlußkriterien

  1. Alle Patienten mit Indikation zur Thrombektomie bei proximalem Gefäß-Verschluss im vorderen Kreislauf innerhalb 24 Stunden nach Symptombeginn nach aktuellen DGN/ESO-Leitlinien
  • Akuter ischämischer Schlaganfall mit behinderndem Defizit (NIHSS >5)
  • Proximaler Gefäßverschluß (CTO, M1, M2, Tandem) CT-Angiographie oder MR-Angiographie
  • Zeitfenster:
    • bis 6 Stunden nach Symptombeginn nach CT und CT-Angiographie oder MRT mit MR-Angiographie (erweitere Bildgebung zur Identifikation des Infarktkernes und der rettbaren Penumbra ist bis 6 Stunden nicht notwendig)
    • 6-24 Stunden nach Symptombeginn mit signifikantem Mismatch in der multimodalen CT oder MRT:
      • Infarktkern <70ml
      • Penumbra/Kern >1.8
  1. Alter >18 Jahre
  2. Die Patienten dürfen vor Thrombektomie eine systemische Lysetherapie erhalten
  3. Keine schwere Behinderung vor dem Schlaganfall (mRS ≤ 1)
  4. Einverständniserklärung (durch den Patienten, oder wenn dies nicht möglich durch einen unabhängigen Arzt (nicht in die Behandlung involviert) oder legitimierte Angehörige)

Ausschlußkriterien:

  1. Bekannte Koagulopathie, orale Antikoagulation mit INR>3.0,
  2. Thrombozytenzahl <50.000/µl
  3. Blutglukose < 50mg/dL oder >400mg/dl
  4. Anhaltender hoher Blutdruck systolisch > 220 mmHg oder diastolisch  > 110 mmHg trotz Analgosedierung und antihypertensiver Medikation
  5. Schwer fortgeschrittene Erkrankung mit einer Lebenserwartung <1Jahr
  6. Patienten mit einer großen Operation, neurochirurgischen Operation perkutane kardiale oder vaskuläre Interventionen innerhalb der letzten 72 Stunden vor dem Schlaganfall
  7. Schwangere Frauen oder Frauen im gebährfähigen Alter (eingeschlossen werden dürfen Frauen im gebährfähigen Alter mit negativem Schwangerschaftstest)
  8. Patienten, die an einer anderen klinischen Studie teilnehmen
  9. Bekannte zerebrale Vaskulitis
  10. Körperliche, geistige, psychiatrische oder neurologische Vorerkrankung mit einem mRS >1.
  11. Nachweis einer Blutung im cerebralen CT oder MRT (zerebrale Mikroblutungen im MRT [hypertensive oder im Rahmen einer cerebralen Amyloidangiopathie] sind erlaubt).

Finanzierung

Die Studie wird durch das Horizon 2020-Programm der EU gefördert, die Bereitstellung aller Geräte und Verbrauchsmaterialien für die Kühlung erfolgt durch die Firma BrainCool (Medicon Village, Scheelevägen 2, 223 81 Lund, Schweden, www.braincool.se).

Teilnahmevoraussetzung

Durchführung der mechanischen Thrombektomie beim akuten Schlaganfall, NeuroIntenstation bzw. eigenständig betreute Neurobetten auf interdisziplinärer Intensivstation.

Kontakt:

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