Feierliche Kongresseröffnung in Karlsruhe

Karlsruhe. Die ANIM 2020 ist am heutigen Donnerstag erfolgreich in Karlsruhe gestartet. Schon am ersten Kongresstag der Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin, der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für NeuroIntensiv- und Notfallmedizin (DGNI) und der Deutschen Schlaganfallgesellschaft (DSG), kamen 1.010 Ärzte, Wissenschaftler, Pflegekräfte und Therapeuten zusammen. „Wir NeuroIntensivmediziner treffen uns nicht nur für einen wissenschaftlichen Austausch, wir sind vor allem auch ein Arbeitskongress!“, betonte Tagungspräsident Prof. Dr. med. Georg Gahn, Karlsruhe. Zur feierlichen Eröffnung der diesjährigen ANIM-Tagung begrüßte er die Teilnehmer mit Blick auf die erfolgreiche Etablierung des interdisziplinären und interprofessionellen NeuroIntensivmediziner-Kongresses mit einem vielfältigen Programm von 55 spannenden Vorträgen, 64 Posterbeiträgen und 8 Workshops als Plattform für aktuelle Diskussionen auf hohem Niveau.

„Der Andrang zeugt davon, dass unsere Veranstaltungsthemen wieder den richtigen Nerv der NeuroIntensivmedizin getroffen haben“, zeigte sich DGNI-Präsident Prof. Dr. med. Oliver W. Sakowitz, Ludwigsburg, überzeugt und hob die besondere Aufstellung des Faches hervor: „NeuroIntensivmedizin ist eine Melange aus Verstand, Handwerk und ein gutes Stück Passion. Keine intensivmedizinische Maximaltherapie, sondern eine doppelte Sicherheit: ein Reservefallschirm, der den Neurochirurgen Eingriffe erlaubt, die man vor nicht allzu langer Zeit gar nicht erst gewagt hätte!“ Bei allen Fortschritten der letzten Jahre in Wissenschaft und Klinik ging es jetzt vor allem um die Durchsetzung verbesserter Versorgungsstrukturen, frei nach einem Zitat von Ron Kritzfeld: „Auch die Politik ist eine Intensiv-Station. Sie hält uns lange in Atem.“

Den hohen Stellenwert der Nachwuchsförderung zeigten die ersten Tagungs-Highlights zur Kongresseröffnung mit der feierlichen Übergabe der Forschungsförderungspreise, mit denen junge Ärzte und Wissenschaftler für herausragende Arbeiten im Bereich der Intensiv- und Notfallmedizin ausgezeichnet wurden. Georg Gahn überreichte den DGNI Nachwuchsförderungspreis 2020 an

Dr. Hannah Fuhrer, Freiburg, die einen kurzen Einblick in ihr spannendes Forschungsthema mit der Frage gab: „Ist die kardiale Auswurfleistung ein besserer Therapieparameter auch bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall?“ Die komplette Studie ist auf der Homepage der DGNI einsehbar unter OPTIMAL.

Der Vorjahrespreisträger Dr. med. Harald Krenzlin, Mainz, gab einen Überblick über sein Projekt „Das zerebrale Thrombin-System als Modulator des sekundären Hirnschadens und möglicher Angriffspunkt in der Therapie intrazerebraler Blutungen im Mausmodell“

Der Hans-Georg-Mertenspreis für innovative, therapierelevante Forschung in der NeuroIntensiv- und Notfallmedizin, der alle zwei Jahre von der DGNI zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Neurologie ausgerichtet wird, wurde vom Präsidenten der DGNI an Prof. Dr. med. Hagen Huttner, Erlangen, übergeben. Dieser nutzte die Gelegenheit für einen Appell an den medizinischen Nachwuchs, die DGNI weiterhin zukunftsfähig aufzustellen: „Es ist entscheidend, dass junge Leute verstärkt Flagge zeigen, in diesem spannenden Feld tätig zu werden, so dass die Patienten vital von unseren Expertisen und unserem Handeln profitieren!“

Prof. Dr. Armin Grau, Past-Präsident der Deutschen Schlaganfallgesellschaft (DSG), Ludwigshafen am Rhein, betonte in seiner Ansprache die inzwischen flächendeckend gute Qualität der Akutversorgung mit deutschlandweit 335 von der DSG zertifizierten Stroke Units, in denen immer mehr Patienten zeitnah mit Thrombektomie behandelt werden können. Als aktuelles Projekt wurde mit bereits über 300 rekrutierten Patienten die Studie SANO – Strukturierte ambulante Nachsorge nach Schlaganfall zur Sekundärphrophylaxe und Nachsorge – auf den Weg gebracht.

Fotos: Conventus / Helge Schubert

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde der NeuroIntensivmedizin,new year 2020

das vergangene Jahr hat uns mit neuen Aufgaben versehen: Digitalisierung, Fachkräftemangel, Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft. Die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PPUg-VO) und das Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz (PpSG) bedingen Umstrukturierungen in der Intensivmedizin und zukünftig auch in anderen pflegeintensiven Bereichen wie der Neurologie. Diese sind wohl-intendiert, aber verfehlen ihr Ziel, wo sie bestehende Personalschlüssel entkräften oder in anderen Bereichen zu Bettenschließungen führen. Die Versorgung neurointensivmedizinischer Patienten stellt an vielen Stellen nach wie vor ein Nadelöhr dar.

Unser Ziel ist es, durch Förderung der Qualität der Ausbildung und wissenschaftlichen Tätigkeit in diesem Bereich zu Strukturverbesserungen beizutragen. Hierzu braucht es mehr Neurologen und Neurochirurgen, die sich der NeuroIntensivmedizin in ihrer Weiterbildung widmen und ihre Kenntnisse zum Wohl unserer Patienten einsetzen.

Das vergangene Jahr ist nach einer erfolgreichen ANIM, vielfältigen Fortbildungsangeboten, Arbeit in Gremien, Leitlinien- und Studiengruppen in Medizin und Pflege zufriedenstellend verlaufen und lässt uns stärker dastehen. Ich danke allen ganz herzlich, die sich im letzten Jahr für die Belange der DGNI und der NeuroIntensivmedizin insgesamt eingesetzt haben!

Mit dem Jahreswechsel steht wie immer die nächste ANIM vom 30. Januar bis 1. Februar 2020 in Karlsruhe an, wofür Sie vom Kongresspräsidenten Prof. Dr. Georg Gahn bereits eine Einladung mit Ankündigung spannender Schwerpunktthemen erhalten haben. Auf ein Treffen und lebhafte Diskussionen mit möglichst vielen von Ihnen würde ich mich aufs Neue freuen.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben frohe Festtage und ein gesundes und erfolgreiches Neues Jahr!

Prof. Dr. med. Oliver W. Sakowitz (Ludwigsburg)
Präsident der DGNI

Foto: © krissikunterbunt / shutterstock.com

buecher

von Prof. Dr. med. Oliver W. Sakowitz, Ehemaliger Präsident der DGNI
  • Notfälle mit Bewusstseinsstörungen und Koma. Interdisziplinäre Fallbeispiele und Analysen
    H.-C. Hansen, C. Dohmen, T. Els, W.F. Haupt, D. Wertheimer, F. Erbguth (Herausgeber)
    Buch | Softcover | 264 Seiten
    2019 / Springer (Verlag) / 978-3-13-240328-4 (ISBN)
  • Neuro-Intensivmedizin. SOPs für die neurologische und neurochirurgische Intensivmedizin
    J. Bösel, S. Schönenberger (Herausgeber)
    Buch | Softcover | 272 Seiten
    2018 / Thieme (Verlag) / 978-3-662-59128-4 (ISBN)
  • Neurochirurgische Intensivmedizin: Basiswissen für Medizin und Pflege
    J. Piek, J. Meixensberger, G. Wöbker (Herausgeber)
    Buch | Softcover | 183 Seiten
    2017 / Zuckschwerdt (Verlag) / 978-3863712297 (ISBN)
  • Neurocritical Care Informatics: Translating Raw Data into Bedside Action
    M. de Georgia und K. Loparo (Herausgeber)
    Buch | Hardcover | 190 Seiten
    2019 / Springer (Verlag) / 978-3662593059 (ISBN)
  • Neurointensive Care Unit: Clinical Practice and Organization
    S.E. Nelson, P.A. Nyquist (Herausgeber)
    Buch | Hardcover | 401 Seiten
    2020 (vorbestellbar) / Springer (Verlag) / 978-3030365479 (ISBN)

Foto: © Prof. Dr. med. Oliver W. Sakowitz

In unserem Newsletter stellen wir Ihnen immer wieder aktuelle Studien mit spannenden neuen Erkenntnissen für die NeuroIntensivmedizin vor, diesmal sind es gleich vier. Die ersten beiden Studien werden von Frau Dr. med. Sylvia Bele, Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Regensburg, vorgestellt, die dritte und vierte von Prof. Dr. med. Thomas Westermaier, Neurochirurgische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Würzburg.

Eine randomisierte Studie zum Nutzen einer strengen Blutdruckeinstellung bei Patienten mit intrazerebraler Blutung untersucht, inwieweit eine Blutdrucksenkung zu einer verminderten Größenzunahme der Blutung und damit auch zu einem besseren neurologischen Outcome führt: Clinical Outcomes Depending on Acute Blood Pressure After Cerebral Hemorrhage”.

Eine retrospektive Single-Center-Kohortenstudie vergleicht bei Patienten mit hochgradig malignen Hirntumoren unterschiedliche Mittel für die intraoperative Tumordarstellung: Worin liegen Vor- und Nachteile, wenn 5-Aminolevulinsäure alternativ zu Natriumfluorescein zum Einsatz kommt, damit Neurochirurgen Tumorgewebe von gesundem Gewebe unterscheiden und eine möglichst sichere operative Tumorresektion durchführen können? „Comparison of 5-aminolevulinic acid and sodium fluorescein for intraoperative tumor visualization in patients with high-grade gliomas: a single-center retrospective study”.

In der dritten Studie geht es um neurologische Komplikationen und deren Management unter ECMO-Therapie. Die Organersatztherapie der extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) bei Patienten mit erheblicher Primärschädigung der Lunge oder mit (Multi-) Organversagen ist als Teil einer intensivmedizinischen Therapie trotz zunehmender Verwendung nicht unumstritten, doch findet bei kontinuierlicher Verbesserung der Technik und Zugewinn an Expertise nach wie vor ein Lernprozess bezüglich der Folgen – Wirkungen und Nebenwirkungen – einer ECMO-Therapie: „Neurocritical Care for Extracorporeal Membrane Oxygenation Patients“.

Der vierte Text fasst die Ergebnisse der im Oktober 2019 im „Lancet“ veröffentlichten “Clinical Randomisation of an Antifibrinolytic in Significant Head Injury” (CRASH-3) Studie zusammen

Lesen Sie hier die ausführlichen Studienzusammenfassungen

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