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 Von Prof. Dr. med. Jürgen Meixensberger, Leipzig

Interdisziplinäre neurovaskuläre Netzwerke1 haben sich zum Ziel gesetzt, überregional neurovaskuläre Krankheitsbilder nach strukturierten, standardisierten Behandlungsprinzipien und -algorithmen zu behandeln, um bestmögliche Behandlungsergebnisse bei kritisch neurovaskulären Patienten zu erreichen. Verbesserte Behandlungsprozesse nach zeitgerechter, interdisziplinärer Entscheidungsfindung, insbesondere bei akuten zerebrovaskulär komplexen Erkrankungen, aber auch im Rahmen der elektiven Versorgung inzidenteller zerebrovaskulärer Malformationen (Aneurysma/Angiom), stellen Voraussetzungen dar, um neurologische und systemische Komplikationen zu minimieren und das neurologische Behandlungsergebnis zu verbessern.

In der Versorgung zerebrovaskulärer Patienten ist intensivmedizinische Neuro-Kompetenz in jedem NVN am koordinierenden Zentrum somit eine unabdingbare Voraussetzung und ein notwendiges Strukturmerkmal, um kritisch Kranke mit raumfordernden ischämischen Infarkten, spontanen Subarachnoidalblutungen (SAB) mit rupturierten Aneurysma und spontanen intrakraniellen Blutungen adäquat und entsprechend definierter Behandlungsstandards zu behandeln. Die Erfahrungen der NVN - Zertifizierung zeigen jedoch auf, dass eine vollumfängliche Versorgung in der Praxis aktuell in Deutschland auf eigenen spezifischen NeuroIntensivstationen nicht gewährleistet werden kann und die Behandlung auf interdisziplinären internistisch bzw. anästhesiologisch geführten Intensivstationen stattfindet2. Um eine qualitativ adäquate Behandlung der kritisch erkrankten ZNS-Patienten zu gewährleisten, ist hierfür eine ausreichende personelle Vorort-Präsenz zu fordern, die über Neurokompetenz verfügt und diese gewährleistet.

Die Definition von Diagnostik- und Behandlungsstandards, deren strukturierte Schulung im intensivmedizinischen Team (ärztlich, therapeutisch und pflegerisch) und die Implementation in den klinischen Alltag stellen Voraussetzungen dar, um bestmögliche Behandlungsergebnisse zu erzielen und optimale Voraussetzungen für eine Neurorehabilitation zu schaffen3. Die wissenschaftliche Evaluierung spezifischer Managementprotokolle z. B. zur Behandlung der SAB und die Entwicklung weiterer Instrumente zur Abschätzung der Neuroprognose stellen eine wichtige Zukunftsaufgabe gerade im interdisziplinären Behandlungskontext dar. Hierdurch kann und muss weiteres evidenzbasiertes Wissen für eine bestmögliche Therapie und Prognoseabschätzung gewonnen werden4. Alle an der Weiterentwicklung der NeuroIntensivmedizin Interessierten sind aufgefordert, im Interesse der Patienten hieran mitzuwirken.

1Interdisciplinary neurovascular network: A new structure for treatment of stroke and other cerebrovascular diseases in germany.
O Busse, J Rother, J Faiss, GF Hamann, T Hupp, O Jansen et al.
Nervenarzt 2013;84:1228-12-1232

2 Interdisciplinary neurovascular networks: state of the art
J Röther, O Busse, A Berlis, A Dörfler, Ch Groden, G Hamann, O Jansen, J Meixensberger, O Müller, J Regelsberger, H Steinmetz, H Vatter, W Weber, D Hänggi, D Nabavi
Nervenarzt 2020 Oct,91 (10):902-907

Long-term clinical trajectory of patients with subarachnoid hemorrhage: linking acute care and neurorehabilitation.
A Lindner, L Brunelli, V Rass, BA Ianosi, M Gaasch, M Kofler, V Limmert, AJ Schiefecker, B Pfausler, R Beer, E Pucks-Faes, R Helbok
Neurocrit Care 2023 Feb;38(1):138-148

4 The use of standardized management protocols for critically ill patients with non.traumatic subarachnoid hemorrhage: a systemic review
S Taran, V Trivedi, JM Singh, SW English, VA
Neurocrit Care 2020 Jun;32(3):858-874