ANIM 2023 Eröffnungsveranstaltung_Vatter„Der Austausch ist das Wesentliche! Machen Sie was draus! Versuchen Sie es lebhaft zu gestalten“, appellierte Tagungspräsident Prof. Dr. Hartmut Vatter, Bonn, an die Teilnehmer zur Eröffnung der ANIM 2023. 935 waren es schon am ersten Tag, die aus 71 Vorträgen, Sitzungen und weiteren ePostersitzungen des umfangreichen Kongressprogramms auswählen können. Neben dem wissenschaftlichen Kongress-Schwerpunkt „Entzündung und Immunologie in der Neuro-Intensivmedizin” ist „Spezifität der Neuro-Intensivmedizin” das große Thema der diesjährigen ANIM.

ANIM 2023 EröffnungsveranstaltungProf. Dr. Julian Bösel, Präsident der DGNI, eröffnete die 40. Arbeitstagung NeuroIntensivmedizin mit einem Rekurs auf das erste Arbeitstreffen 1984 in Essen und einer Vorausschau auf das Gedenksymposium an den 2021 plötzlich verstorbenen, unvergessenen NeuroIntensivmediziner Prof. Dr. Wolfgang Müllges am dritten Kongresstag, bevor Prof. Dr. Darius Günther Nabavi, Berlin, Präsident der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), mit der die DGNI traditionell ihren Jahreskongress gemeinsam ausrichtet, auf den “gelungenen Mix aus Wissenschaft und Praxis, Bewährtem und Innovation” verwies.


Übergabe der DGNI-Preise

Die Verleihung des DGNI-Nachwuchsförderungspreises und des einmalig vergebenen Wolfgang Müllges-Preises im Rahmen der Kongresseröffnung waren ein erster Höhepunkt der ANIM 2023.

Als amtierender DGNI-Präsident überreichte Prof. Dr. Julian Bösel den Nachwuchsförderungs-Preis der DGNI an Dr. med. Maximilian Immanuel Sprügel, Neurologische Klinik Universitätsklinik Erlangen. „Die innovative und interessante Forschungsarbeit zum ‘Voice Weaning’ hat dem Preis-Kuratorium gut gefallen“, beglückwünschte Prof. Bösel den Preisträger. Der Preis wurde ihm für seine Untersuchung „Angehörigenstimmen zur Unterstützung der Beatmungsentwöhnung von neurologischen Intensivpatienten” verliehen.

ANIM 2023 Eröffnungsveranstaltung_DGNI PreisProf. Dr. Thomas Westermaier verlieh als 2. Vizepräsident und damit zukünftiger Präsident der DGNI den Wolfgang-Müllges-Preis für innovative Forschungsprojekte in der NeuroIntensivmedizin an Dr. med. Farid Salih, Berlin, für seine Studie „Religion and religiosity in End-of-life deCisiOns iN neuroCritIcal care” (RECONCILE). „Es bedeutet mir sehr viel, den Job, der auch seelisch nicht leicht zu ertragen ist, wissenschaftlich weiterzubringen”, betonte der Preisträger, der das Preisgeld als Kickoff für die multizentrische Ausweitung der Studie nutzen will.

Wie Preisgeld sinnvoll genutzt werden kann, zeigte der Vorjahrespreisträger des DGNI Nachwuchsförderungspreises Dr. med. Sae-Yeon Won, Rostock, mit einem kurzen Einblick in seine 2022 ausgezeichneten Studie über die Bedeutung der supratentoriellen und infratentoriellen intrakraniellen Druckmessung bei Patienten mit einer Pathologie in der hinteren Schädelgrube.


ENLS-Kurs, NeuroIntensivmedzin-Kompaktkurs und Pflegekurse gut besucht!

ANIM 2023 Pflege Am ersten Kongresstag der ANIM2023 ist mit dem NeuroIntensivmedzin-Kompakt-Kurs und dem eintägigen ENLS-Kurs das bewährte Fort- und Weiterbildungsprogramm angelaufen. Gleichzeitig fanden auch die ersten gut besuchten Pflegekurse statt: „Fort- und Weiterbildung in der Strokepflege“, „Berufspolitik/Hot Topics – Personalakquise und -bindung“ sowie „Der geriatrische Patient“. Nach zwei Jahren digitaler Kongresse sind praxisorientierte Workshops und Fortbildungskurse, interprofessionell und interdisziplinär, mit zusammen 150 angemeldeten Teilnehmern gut besucht.

Auf drei Tage angelegt ist der aus vier Modulen bestehende Neurointensiv Kompakt Kurs mit den Workshops „Nichtinvasives Neuromonitoring“ und „IHA-Simultation“. Zunächst ging es unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Dominik Michalski, Leipzig und Dr. Rainer Kram, Düsseldorf um „Intensivmedizin neurovaskulärer Erkrankungen“, darunter Schwerpunkte wie die Intensivtherapie eines Hirninfarktes. Das zweite Modul „Trauma und ICP-Erhöhung“ setzte sich unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Thomas Westermaier, Dachau und Dr. Stefan Wolf, Berlin, mit dem Management des schweren Schädel-Hirn-Traumas auseinander. Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Matthias Klein, München, und Dr. Albrecht Günther, Jena, wurden entzündliche, metabolische, neuromuskuläre Erkrankungen erörtert.

Die Versorgung von neurologischen und neurochirurgischen Notfallpatienten zu verbessern, ist das Ziel des ganztägigen ENLS-Kurses (Emergency Neurological Life Support). Zum fünften Mal in Folge demonstrierte ENLS-Trainerin Dr. med. Katja Wartenberg, Leipzig, unterstützt von NeuroIntensivmediziner:innen, Neurochirurg:innen und Pflegekräften der Neurocritical Care Society, wie 14 neurologische und neurochirurgische Notfälle während der kritischen ersten Stunden behandelt werden, von ischämischem Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma (SHT) und Rückenmarksverletzungen bis zur Wiederbelebung nach Herzstillstand. Interdisziplinäre Algorithmen, Protokolle und Checklisten für das Notfallmanagement sind eine große Hilfe, um junge Mediziner:innen in ihrer praktischen Arbeit auf der Intensivstation und in der Rettungsstelle zu unterstützen. „Die seit Jahren unvermindert große Nachfrage zeigt den Bedarf, die Versorgung von neurologischen und neurochirurgischen Notfallpatienten zu verbessern“, betont Katja Wartenberg, diesmal unterstützt von Dr. Volker Schulte, Osnabrück, Dr. Sylvia Bele, Regensburg/DE sowie von den Kolleg:innen aus USA, Mary Kay Bader, Mission Viejo, CA/US, Dea Mahanes, Charlottesville, VA/US, und José Suarez, Baltimore, MD/US.


Teleneurologie Netzwerke in Deutschland – Pflege und Therapie

In der Behandlung von Schlaganfallpatienten kommt der Telemedizin eine immer größere Bedeutung zu. Das noch recht junge medizinische Gebiet der Teleneurologie ist ein Meilenstein für die verbesserte Versorgungsqualität bei neurologischen Erkrankungen, speziell in Krankenhäusern, die über keine eigene Spezialabteilung für Schlaganfallpatienten verfügen.

Unter Vorsitz von Anja Ott, Erlangen und Anne-Kathrin Kohl, Heidelberg bekam die für die Medizin adaptierte Videokonferenztechnologie einen separaten Tagungspunkt. Nach Aussage von Mario Lorenz, Klinisches Risikomanagement und Schulungsteam/Bereich Pflege des Schlaganfallnetzwerks Nordbayern (STENO) wird bereits jeder 10. Schlaganfallpatient in Deutschland telemedizinisch behandelt. Herausforderung dabei ist insbesondere die fehlende Routine in der Schlaganfallversorgung. Regelmäßige Schulungen und Fortbildungen für Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten sollten im Rahmen der Schlaganfallnetzwerke Methoden und Fachkompetenz vermitteln.

Zur Implementierung des Simulationstrainings in der Schlaganfallakutbehandlung stellte Sylvia Knoch, Dresden, das neurovaskuläre Netzwerk SOS-Net vor. Kontinuierlich werden sowohl für Ärzt:innen, Pfleger:innen, Therapeut:innen und auch Medizinisch-technische Radiologieassistent:innen Weiterbildungsveranstaltungen angeboten.

Die Verbesserung der Versorgung von Patienten mit akut auftretendem Schwindel ist das Ziel des Projekts „TeleSchwindel“ vom Telemedizinischen Schlaganfallnetzwerk Süd Ost Bayern (TEMPIS). Physiotherapeutin Nina Schütt-Becker, München, versucht, über unzureichendes Wissen auf diesem Gebiet aufklären. Schwindel und Schlaganfall überlappen sich häufig, da bei jedem akut aufgetretenem Schwindel ein Schlaganfall als Ursache in Erwägung gezogen werden sollte. Über ihre Erfahrungen mit Teleneurologischen Angeboten für Therapeut:innen in Nordostdeutschland (TATheN) sprach Kirsten Stangenberg-Gliss, Berlin. Mit dem Vorhaben TATheN soll evaluiert werden, inwiefern bereits etablierte therapeutische Assessmentverfahren telemedizinisch durchgeführt werden können, indem Kliniken ohne eigene neurologische Fachabteilung entsprechendes Fachpersonal via Videosprechstunde für das Assessment von Schlaganfallpatientinnen und -patienten zuschalten, sodass diese bei der therapeutischen Befundung fachlich unterstützen können.

Zum Thema „Unterstützung auf Basis Künstlicher Intelligenz” hielt der Neurologe Dr. Nils Schweingruber, Hamburg, einen wissenschaftlichen Vortrag über eine von ihm mitentwickelte Software, die kritische Phasen bei Intensivpatient:innen bis zu 24 Stunden im Voraus erkennt.
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