Unter Vorsitz von Prof. Dr. Georg Gahn, Karlsruhe, und Dr. med. Patrick Czorlich, Hamburg, ging es um das spannende Thema „Personal auf der NeuroIntensivstation – Pflicht und Kür?! Was sind die Bedürfnisse der Berufsgruppen?“
Mit Blick auf personelle Strukturempfehlungen der DIVI für die Intensivstation, die in Kürze erwartet werden, gab Dr. med. Oliver Kumpf, Berlin, einen Überblick über die aktuelle Forschungslage zu den Fragen: Gibt es eine wissenschaftliche Evidenz zur Personalbemessung im Bereich der Intensivpflege? Was sind die Möglichkeiten von Evidenztools?
Die wissenschaftliche Bewertung der Literatur war schwierig, in Deutschland gibt es wenig aktuelle publizierte Forschung. Der Vergleich von Standards im europäischen Vergleich zeigte, dass sich der Personalbedarf auf Intensivstationen im gesamten Krankenhaus mit wissenschaftlicher Evidenz zur Personalbemessung kaum ableiten lässt. Personalbemessungstools bilden zwar den Arbeitsanfall in der Pflege ab, aber aus Perspektive des Messenden. Die Methodik war zu grob oder statistisch nicht valide und gab keine Evidenz über Nutzen der Tools selbst.
Wichtige Endpunkte bei der Personalbemessung – das Entscheidende, so Oliver Kumpf – sind: zufriedene Mitarbeiter, zufriedene Patienten und Angehörige, die Kosteneffizienz sowie patientenbezogene Outcomes. Bis dahin sollten Untergrenzen als pragmatische Kenngröße genutzt werden: „ein Mindeststandard, der mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zur Qualitätserhaltung führt – ob er zur Qualitätsverbesserung führt, kann man nicht sagen“.
Dr. med. Peter Nydahl, Kiel, gelang ein lebendiger Einblick in die Arbeit auf der Intensivstation aus Sicht eines Pflegenden – eine Arbeit, die im Laufe der letzten Jahre immer anspruchsvoller wurde: „Pflegende sind eierlegende Wollmilchsäue!“ Hoffnungsvolles Fazit war, dass mit Hilfe von Whiteboards und Checklisten die Kommunikation verbessert, Fehlerrate und Wartezeiten verringert werden konnten nach dem Motto: „Wissenschafft und Gesundheit“. Auch das Thema Wertschätzung wurde aus Insidersicht mit viel Empathie vorgetragen.
Dr. med. Eileen Gülke, Hamburg, beleuchtete das Arbeiten in der NeuroIntensivmedizin aus Sicht der Jungen NeurologInnen, bezogen auf die spezielle Situation der Ausbildung. Ihr großes Thema, die Flexibilisierung der neurologischen Weiterbildung. „Die neurointensivmedizinische Rotation ist essentiell. Doch es gibt viele Sorgen bei den jungen Medizinern, wie fehlende Fachkenntnisse oder zu wenig Einarbeitung“, erklärte Gülke. Ihr Lösungsansatz zur Strukturierung der Weiterbildung: ein Logbuch in Zusammenarbeit mit der DGN und DGNI, um fachspezifische Kenntnisse zu vermitteln.
Als Vertreterin der Jungen NeurochirurgInnen widmete sich Dorothea Nistor-Gallo, Erlangen, der Frage, welche Änderungsmöglichkeiten in der Intensivrotation der Neurochirurgen vorteilhaft wären. Ihr persönlicher Vorschlag zum Arbeiten als junge Neurochirurgin: „Stückelung der Intensivzeit wäre von Vorteil, da das Wissen hierbei immer wieder aufgefrischt und getestet werden würde.“
In der anschließenden Diskussion über die verschiedenen Perspektiven des Personals in der NeuroIntensivmedizin wurde der Wunsch laut, die interdisziplinäre Vernetzung weiter voranzubringen. Prof. Gahn stellte neben bestehenden Angeboten in Aussicht, dass auf der nächsten ANIM 2023 Kooperationsprojekte zum Simulationstraining für Neuro-Notfälle live präsentiert werden können. Zum Abschluss erinnerte er an seinen vor einem Jahr verstorbenen Lehrer: „Prof. Dr. Wolfgang Müllges hat immer gesagt, Intensivmedizin ist eigentlich eine Schule fürs berufliche Leben, ein Start in die Karriere. Und ich denke, unsere Auswahl an Referenten und Themen spiegelt das auch wider: Strukturen, Qualitätsmanagement, die Bedürfnisse der Pflege, Teamwork, die Perspektive der Jüngeren und all die Konflikte, mit denen man umgehen muss“.