Prof. Joachim Röther, Hamburg, stellte in der Session „Sekundärprophylaxe und Versorgungsstrukturen“ den aktuellen Stand der Neurovaskulären Netzwerke vor. Die Ziele der interdisziplinären neurovaskulären Netzwerke sind zum einen die Stärkung der regionalen Versorgungszentren und die Kontrolle über die Qualität der Schlaganfallversorgung, die Sicherstellung der Thrombektomiebehandlung durch erfahrene Neuroradiologen und hochspezialisierter Eingriffe in Kliniken mit entsprechender Expertise. Die Zentren sichern auch die elektive interdisziplinäre Behandlung neurovaskulärer Erkrankungen (Aneurysmen, AVMs, intrakranielle Stenosen) sowie die bessere Vernetzung von Klinikverbünden mit dem Ziel kurzer Transportzeiten. In Deutschland gibt es aktuell 324 zertifizierte Stroke Units, davon 195 regionale, 113 überregionale und 16 telemedizinisch vernetzte Stroke Units. Den Mehrwert der Zertifizierung machen folgende Faktoren aus: verbesserte Kommunikation, Festigung des Netzwerkgedankens, Überprüfung und Optimierung der Konzepte, gemeinsame Standards, intensive Kommunikation mit den Rettungsdiensten, Verkürzung der Prozesszeiten und die gemeinsame Entwicklung neuer Strukturen (Telemedizin im Rettungswagen, IVENA, etc.). Von der Etablierung Neurovaskulärer Netzwerke profitieren alle Partner: Strukturen werden transparent, Probleme evident und Missverständnisse ausgeräumt, es wächst der Zusammenhalt und die Versorgungsqualität steigt.
Auch in der zweiten Session mit dem Titel „Akutversorgung des Schlaganfalls“ bekräftigte Prof. Darius Nabavi, Berlin, dass die Netzwerke in den Stroke Units und bei den Interventionalisten sehr gut entwickelt seien (knapp 50 % mit 24/7 Interventionsfähigkeit vor Ort) -  im Europäischen Vergleich ein Spitzenplatz. Jedoch die Verlegungsprozesse zur mechanischen Thrombektomie (MTE) seien noch stark unzureichend. „Die Dauer bei der Mehrzahl der MTE-Verlegungen liegt deutlich über den im Register geforderten 60 Minuten. Dem könnte möglicherweise durch die Entwicklung unterschiedlicher regionaler Konzepte, wie standortübergreifender Dienstmodelle oder mobiler Interventionalisten entgegengewirkt werden. Dies sollte Schwerpunkt unserer künftigen Qualitätsarbeit sein!“, so Nabavi.
Den Faktor Zeit griff auch Prof. Gerhard Hamann, Günzburg, auf: „Wir sind heute in der Lage eine MTE für alle Patienten mit angehbarem Gefäßverschluß innerhalb von 24 h nach Auftreten eines Schlaganfalls zu realisieren. Ich will damit nicht sagen, dass man jeden Patienten rekanalisieren muss, aber man hat die Möglichkeit. Vor 2 Jahren hätte ich das noch nicht gesagt.“ Hamann stellte in seinem Vortrag die Wirksamkeit der mechanischen Thrombektomie an vielen Beispielen und Studien vor. Er rief dazu auf, auch Patienten mit einem späten Zeitfenster (6-16 h, in Einzelfällen bis 24 h) zur MTE zu identifizieren. Auch ein Gewebsschaden sei ­- außer bei klaren Hypodensitäten des gesamten Mediastrom-Gebietes - kein Ausschlusskriterium. „Eher behandeln als nicht behandeln ist das Credo“, so Prof. Hamann.
Wie behandeln wir den Wake-up-Stroke? Dieser Frage widmete sich Prof. Christian Gerloff, Hamburg. Intravenöse Thrombolyse und Thrombektomie sind effektive Behandlungsoptionen im erweiterten Zeitfenster und bei unbekanntem Zeitbeginn bei ausgewählten Patienten, stellte er an detaillierten Ergebnissen aus der Wake-Up- und der EXTEND-Studie vor. MRT-basierte intravenöse Thrombolyse (bei DWI-FLAIR-Mismatch) sei eine effektive Behandlungsoption auch für leicht oder mittelschwer betroffene Patienten, die für eine Thrombektomie nicht in Frage kommen. Bei mittels MRT oder Perfusions-CT ausgewählten Patienten mit kleinem Infarktkern und großem Perfusionsdefizit oder schwerem klinischem Defizit ist die Thrombektomie eine hoch effektive Behandlung. „Der nächste Schritt ist eine erweiterte Bildgebung und effektive Behandlungsoptionen im erweiterten/unbekannten Zeitfenster in allen Schlaganfallzentren verfügbar zu machen! Wir brauchen ebenso eine erweiterte Bildgebung für die Auswahl von Patienten zur effektiven Reperfusionsbehandlung im erweiterten/unbekannten Zeitfenster. CT mit CTA ist nicht genug, da keine Datenbasis vorliegt“, fasste Prof. Gerloff zusammen.

“Irreversibler Hirnfunktionsausfall (IHA) und Organspende – zwei Seiten einer Medaille?“

Schon der Titel dieses Symposiums war bewusst von den beiden Neurologen Prof. Georg Gahn, Karlsruhe, und Prof. Stephan Brandt, Berlin, provokant formuliert worden. Brandt schilderte in seinem Vortrag über „Qualitätsmanagement bei der IHA-Diagnostik“ sehr übersichtlich die von der Charité ausgehenden Bemühungen zur Steigerung der Transparenz bei der Durchführung der IHA-Diagnostik. So werden seit 2012 sehr aufwendig alle IHA-Protokolle mit einem eigenen Prüfbogen hinsichtlich fehlerhafter Einträge oder inhaltlicher Fehler fortlaufend analysiert – ohne dass schwerwiegende Fehler etwa bei einer Diagnose, sondern nur gelegentliche formale Schwächen aufgefallen sind.
Anschließend stellte Dr. Axel Rahmel, medizinischer Direktor der Deutschen Stiftung Organspende (DSO), den aktuellen Stand der Organspende in Deutschland dar. Hier hat es 2018 erfreulicherweise mit insgesamt 955 Organspendern einen Aufschwung gegeben. Rahmel wies auf die brandaktuellen Bemühungen des Bundesministeriums für Gesundheit hin, mit dem Gesetz für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende (GZSO), über das erst am Vortag im Bundestag beraten worden war, die Situation in Deutschland grundlegend zu verbessern. Als Kenner der Szene schilderte er die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Details zur Stellung der Transplantationsbeauftragten, aber auch ungelöste Fragen wie die Organisation der IHA-Diagnostik. Erfreulich für die NeuroIntensivmediziner ist hierbei, dass die Anregungen der DGNI zum Gesetzentwurf berücksichtigt worden sind.
Abgerundet wurde das Symposium von Dr.  Thomas Vogel, Transplantationschirurg aus Münster, der die Bedeutung der Organprotektion und der Organkonservierung sehr anschaulich erklärte. Da zunehmend ältere Spender mit Begleiterkrankungen als sogenannte „Expanded Criteria Donors - ECD“ ihre Organe zur Verfügung stellen, rückt die Optimierung der Organprotektion bis zum Zeitpunkt der Explantation und anschließend die der Organkonservierung mehr und mehr in den Vordergrund. Vogel konnte eindrucksvoll zeigen, dass durch normotherme maschinelle Perfusion der Organe mit Blut viel bessere Ergebnisse bei der Transplantation von ECD-Organen erzielt werden können, als durch die herkömmliche Kühlung der Organe mit Nährlösungen.
Zuhörer, Referenten und Vorsitzende diskutierten engagiert auch die kontroversen Aspekte der Vorträge. Am Ende wurde aber doch deutlich, dass die IHA-Diagnostik eher die eine Seite einer Medaille darstellt, während sich auf deren anderer Seite die Organtransplantation befindet.