Aktuelle Publikationen von Interesse 2010Schäbitz WR, Laage R, Vogt G, Koch W, Kollmar R, Schwab S, Schneider D, Hamann GF, Rosenkranz M, Veltkamp R, Fiebach JB, Hacke W, Grotta JC, Fisher M, Schneider A. AXIS. Stroke. 2010 Nov;41(11):2545-51.

Referenten:

Hagen B. Huttner (Neurologische Intensivstation Univ.-Klinik Erlangen)
Oliver W. Sakowitz (Neurochirurgische Intensivstation Univ.-Klinik Heidelberg)


Zusammenfassung:

Der Granulozyten-Kolonie stimulierende Faktor (G-CSF), der seit Jahren zur Behandlung einer Chemotherapie-assoziierten Neutropenie eingesetzt wird, ist in den letzten Jahren zunehmend auch als neuronaler Wachstumsfaktor mit anti-apoptotischer Wirkung identifiziert worden. In der vorliegenden Phase IIa Studie (bundesweit, multrizentrisch, randomisiert, plazebo-kontrolliert, doppelblind) wurde die Anwendbarkeit, Sicherheit von intravenös verabreichten G-CSF sowie Effekte auf das klinische Endergebnis von Patienten mit zerebraler Ischämie untersucht. Es wurden insgesamt 44 Patienten mit Mediainfarkt im 12h-Zeitfenster eingeschlossen, die einen NIHSS zwischen 4-22 Punkten sowie ein „mismatch“ in der initial angefertigten MRT aufwiesen. Es handelte sich um eine Dosis-Eskalations-Studie mit insgesamt 4 plazebo-kontrollierten Studienarmen (30, 90, 135, und 180 µg/kg; ein Drittel i.v. Bolusapplikation gefolgt von 72h kontinuierlicher Infusion). Im Kern konnte gezeigt werden, dass die Anwendung von G-CSF bei Schlaganfällen sicher ist; die Rate an thromboembolischen Ereignissen oder anderen SAE´s war nicht erhöht. Es fand sich eine Dosis-abhängige Reduktion in der Anzahl der Thrombozyten und - wie erwartet - eine Zunahme an Neutrophilen und Monozyten unter Behandlung. Hinsichtlich des klinisch-neurologichen outcome konnte kein Vorteil nachgewiesen werden, wobei die Patientenzahl hierfür auch zu gering war. In den anschließenden statistischen Modelluntersuchungen ließ sich jedoch ein dosisabhängiger Vorteil bei Patienten mit größeren Diffusionsläsionen (> 14-17 cm³) zeigen.


Kommentar:

Hier wurde ein tier-experimentell sehr Erfolg versprechender Ansatz - durch die vorliegende Studie - klinisch überprüft. Obwohl die Patientenzahl relativ klein ist (zumindest hinsichtlich Aussagen zum klinischen Endpunkt) und auch die Verblindung durch den Anstieg der Neutrophilen und Monozyten hinterfragt werden muss, resultieren dennoch wichtige Aspekte: die Autoren konnten nachweisen, dass mit größeren Infarktvolumina auch die Anteile der kortikal-ischämischen Areale (im Vergleich zu den betroffenen subkortikalen Gebieten) relativ gesehen zunahmen. Entsprechend konnte sich ein nicht-signifikanter Trend zugunsten einer Therapie mit G-CSF bei schwerer betroffenen Patienten nachweisen lassen. Diese Ergebnisse könnten indizieren, dass G-CSF seine potentiell neuroprotektive Wirkung besser bei großen zerebralen Schäden entfalten kann. Die derzeit laufende Folgestudie AXIS II untersucht bei >300 Patienten mit einem NIHSS-Wert zwischen 6-22 NIHSS und einer Diffusionsstörung im MRT von >15cm3 die Effekte auf einen klinischen Endpunkt.