Huang J, van Gelder JM
In: Neurosurgery 51 (2002): 1101-


BEWERTUNGSSYSTEM

*****    = hervorragende Arbeit
****    = gute grundlagenwissenschaftliche Arbeit/klinische Studie/Übersichtsarbeit
***    = geringer Neuheitswert oder nur für Spezialisten geeignet
**    = weniger interessant, leichte formale oder methodische Mängel
*    = erhebliche Mängel

 

nima 2-2003


Bewertung: ***





Zielstellung:

Die Autoren beschreiben in dieser Studie anhand einer Metaanalyse das Risiko, nach aneurysmabedingter Subarachnoidalblutung (SAB) einen plötzlichen Tod zu erleiden. Darunter versteht man den Tod vor Erreichen des Krankenhauses oder ärztlicher Hilfe. Dabei wird auf den spontanen letalen Verlauf aneurysmabedingter Subarachnoidalblutungen bei unterschiedlicher Lokalisation der Aneurysmen eingegangen.

Design:

Es handelt sich um eine Metaanalyse, die nach intensiver Suche und Recherche an Hand von Medline und Embase durchgeführt wurde. Dabei wurden 18 Studien zwischen 1965 und 2001 in die Metaanalyse eingeschlossen. Soweit es aus den Daten möglich war, wurden Patienten, die eine SAB ohne Aneurysma als Ursache hatten, ausgeschlossen. Fälle, bei denen es sich nach CT-Kriterien um eine aneurysmatisch bedingte SAB handelte wurden in die Studie aufgenommen. In allen Fällen wurde eine SAB mittels Lumbalpunktion, CCT oder Autopsie nachgewiesen. Die unterschiedlichen Daten der einzelnen Studien wurden nach Jahr der Studie, der Region, der Fallzahl, des Anteils an Verstorbenen vor Krankenhauseinlieferung, des Anteils an Patienten mit tatsächlich vorhandener SAB, die Untersuchungs- bzw. Nachweismethoden der SAB, der Anteil an autopsierten Patienten und den Anteil an Fällen mit arteriovenösen Missbildungen bzw. negativer Angiographie aufgeschlüsselt.
Die Daten wurden mit Hilfe logistischer Regressionstests und mit Hilfe des ?2 Tests statistisch ausgewertet. Die Ergebnisse wurden ferner nach der Metaanalysenmethode von DerSimonian und Laird evaluiert.

Wichtige Resultate:

5 Studien stammen aus Skandinavien, 5 Studien aus den Vereinigten Staaten, 4 aus England und der Rest aus Neuseeland (2), Australien und Japan.
In diesen Studien werden insgesamt 3832 Patienten mit SAB eingeschlossen, von denen 578 vor medizinischer Behandlung verstarben. 61% der Patienten waren weiblich (Daten aus 15 Studien). Dabei wurde in 5 von 18 Studien eine aneurysmabedingte SAB in allen Fällen bestätigt; in 12 der 18 Studien wurden Aneurysmen zwischen 48-90% bestätigt. Teilweise gingen auch arteriovenöse Fehlbildungen, die mit Aneurysmen assoziiert waren in die Studien mit ein. Das Risiko an einer Subarachnoidalblutung direkt zu versterben schwankte zwischen 3 und 21 %, wobei insgesamt das Risiko für einen plötzlichen Tod bei 12.4% lag. Dabei lagen 95 % der Daten der einzelnen Studien in einem Konfidenzintervall von 11-14 %.
In lediglich zwei Studien wurde hinsichtlich der Aneurysmalokalisation unterschieden. Dabei ergaben sich in der vorderen Zirkulation für einen plötzlichen Tod nach SAB Zahlen von 12.1% gegenüber 44.1% in der hinteren Zirkulation.
Es wurden keinerlei signifikante Unterschiede zwischen Alter und erhöhter Todesrate festgestellt.

Hinsichtlich der geographischen Lage wurde in England eine erhöhte Rate an plötzlichen Todesfällen durch SAB gegenüber den anderen Regionen ermittelt. Ebenso war bei Einschluss von arteriovenösen Fehlbildungen (AVM) in manchen Studien die plötzliche Todesrate gegenüber Studien ohne Einschluss von AVM`s erhöht. Lediglich in zwei Studien waren bei allen Patienten Aneurysmen bestätigt und nahezu alle Patienten autopsiert.

Schlussfolgerung:

In dieser Metaanalyse wird das Risiko, einen plötzlichen Tod durch eine aneurysmabedingte SAB zu erleiden, in der vorderen Zirkulation mit 12.1 % und in der hinteren Zirkulation mit 44.7% ermittelt. Aufgrund der heterogenen Daten, die teilweise nur inkomplett vorliegen, ist eine Interpretation der Daten nur schwer möglich. Für zukünftige Studien zu dieser Fragestellung fordern die Autoren mehr Informationen hinsichtlich der Anatomie, der Größe des Aneurysmas, des Nachweises und hinsichtlich der Patientendaten selbst.

Kommentar:

Der plötzliche Tod nach aneurysmabedingter SAB wird von den Autoren anhand einer Metaanalyse aus 18 verschiedenen Studien in der Literatur ausgewertet und statistisch aufgearbeitet.
Dabei wird ein Risiko von 12.4% an einer Subarachnoidalblutung bei nachgewiesenem Aneurysma in der vorderen und hinteren Zirkulation vor ärztlicher Behandlung zu versterben festgestellt. Dabei liegen 95% der Daten in einem Konfidenzintervall von 11-14% wie die Autoren aufzeigen. Dies stellt eine der Hauptaussagen der Studie dar. Lediglich in zwei Studien wird zwischen einer Aneurysmalokalisation im vorderen und hinteren Kreislauf unterschieden (Daten siehe oben). Weiterhin wird festgestellt, dass die plötzliche Todesrate unabhängig vom Alter des Patienten ist, wobei diese Ergebnisse ebenfalls nur auf den Daten zweier Studien beruhen.
Die Schwierigkeit dieser Metaanalyse liegt in der nicht ausreichend vorhandenen und notwendigen Datenmenge der meisten Einzelstudien. Soweit die verschiedenen Studien nicht in der Mehrzahl hinsichtlich der Definition, der Einschluss-, der Aus-schlusskriterien, der Messmethoden, der Datenaufnahme und Verarbeitung übereinstimmen, ist eine Metaanalyse mit Vorsicht zu betrachten. Dies wird auch von den Autoren selbst kritisch beurteilt. Nicht in allen Studien wurde ein Aneurysma als Ursache der SAB festgestellt und es kommt so zu statistischen Fehlern, die in der Folge in die Ergebnisse eingehen.
In den beiden größten Einzelstudien, bei denen in allen Fällen ein Aneurysma als Ursache der SAB festgestellt wurden waren die Verstorbenen alle autopsiert. In diese Studien wurden auch zusätzlich noch Patienten mit aufgenommen, die innerhalb der ersten 24 Stunden nach SAB verstarben. Diese Patienten sind stationär aufgenommen und haben CCT Diagnostik und teilweise auch eine Angiographie erhalten. Bei den „sudden death“-Patienten wurde die Diagnose, anders als die Tabellen in der Metaanalyse den Anschein haben, nahezu in allen Fällen durch Autopsie gestellt.

Die Autoren zeigen allerdings durch die Zuhilfenahme des Zufallsmodells von DerSimonian und Laird, dass es möglich ist, auch heterogene Daten einzelner Studien zu poolen und daraus verwertbare Subgruppenergebnisse zu erhalten.

Trotz der problematischen Datenauswertung zeigt die Metaanalyse ausführlich anhand der vorhandenen Daten das Risiko eines plötzlichen Todes durch aneurysmatische SAB auf.
Eine neu angelegte prospektive Studie könnte die fehlenden Ergebnisse ergänzen und die Daten weiter evaluieren. Dies ist sicherlich auf Grund der dargelegten Zahlen von großem Interesse, um die Mortalität nach SAB weiter senken zu können.

Tod und schlechter neurologischer Status nach SAB durch Aneurysmaruptur vor Krankenhausaufnahme sind die hauptsächlichen Determinanten der Morbidität und der Mortalität dieses Krankheitsbildes. Aufgrund dieser Zahlen sollten einheitliche Strategien entwickelt werden, wie man Patienten mit unrupturierten Aneurysmen, die immer häufiger als Zufallsbefund durch verbesserte neuroradiologische Verfahren entdeckt werden, behandelt, um eben diese SAB mit ihren Folgen zu vermeiden.

(E. Kunze)