Ferro JM, Canhao P, Peralta R                                                                                                                                                                                              In: J Neurol 2008;255:465-479.

 

BEWERTUNGSSYSTEM

*****    = hervorragende Arbeit
****    = gute grundlagenwissenschaftliche Arbeit/klinische Studie/Übersichtsarbeit
***    = geringer Neuheitswert oder nur für Spezialisten geeignet
**    = weniger interessant, leichte formale oder methodische Mängel
*    = erhebliche Mängel

 

NIMA_1-2010


Bewertung: **





Zielstellung:

Es handelt sich um einen Review-Artikel über nahezu alle klinisch relevanten Aspekte der nicht-traumatischen Subarachnoidalblutung, d.h. deren Symptomatik, Differenzialdiagnose, Epidemiologie, Risikofaktoren, Genetik, bildgebende Abklärung, Komplikationen und Therapie.

 

Design:

Literaturübersicht (15 Seiten, 112 Referenzen).


Schlussfolgerungen:

Es handelt sich um einen lehrbuchartige englischsprachige Übersicht über Originalarbeiten und andere Übersichtsartikel der letzten 20 Jahre. Eigentlich neue Aspekte werden nicht mitgeteilt, was von einer Übersicht aber auch nicht erwartet werden muss. Schon störender ist die gelegentliche Neigung der Autoren zu in ihrer Arbeit leider nicht überzeugend belegten ex cathedra-Aussagen etwa der folgenden Art: "Die Spektrophotometrie [des zentrifugierten Liquorüberstands] ist die empfohlene Analysemethode"; oder ... "Die Angiografie [gemeint ist die i.a.-DSA bei Patienten ohne Aneurysmanachweis] muss in einem variablen Intervall (Tage bis 2 Wochen) wiederholt werden, aber ihr Ertrag ist sehr niedrig (2%)"; oder ... "Unrupturierte Aneurysmen haben ein Rupturrisiko von 1%/Jahr." Die diagnostische Problematik der Differenzierung primär oder sekundär (iatrogen) blutigen Liquors innerhalb der ersten 8 Stunden nach dem verdächtigen Kopfschmerzereignis wird nicht besprochen. Die pathogenetisch und prognostisch so bedeutsame Abgrenzung des perimesenzephalen vom aneurysmalen Blutungstyp wird ebenfalls etwas zu stiefmütterlich behandelt.

Durchweg besser begründet werden dagegen die Aussagen der Autoren zur Therapie der Krankheit "Subarachnoidalblutung" und zu der sekundärprophylaktischen Ausschaltung ihrer Ursache. Basierend auf Medline- und Cochrane Library-Recherchen geben sie nach Brainin-Evidenzklassen gewichtet die aktuellen Leitlinienstandards zu folgenden Fragen durchweg zutreffend wieder: Clipping vs. Coiling rupturierter Aneurysmen ("ISAT-Kultur"), Timing der Aneurysmaausschaltung (<72 Stunden bevorzugt), Prävention verzögerter neurologischer Defizite (Nimodipin 6x60mg/d p.o.; vermeide Hypovolämie), Therapie eingetretener verzögerter neurologischer Defizite (induzierte Hypervolämie/ Triple H). Auch die neueren intraarteriellen, medikamentösen und mechanischen Therapieoptionen des Vasospasmus werden adäquat diskutiert (interessant aber bisher nicht systematisch belegt), ebenso die Frage des routinemäßigen CTA- oder MRA- Screenings auf de novo-Aneurysmen nach überstandener aneurysmaler Blutung (ausgeglichene Nutzen-Schaden-Relation des Routine-Screenings).

 

Kommentar:

Es handelt sich um eine lesenwerte Übersichtsarbeitarbeit für solche Neuromedizinerinnen oder -mediziner, die sich mit dem Thema "Subarachnoidalblutung" auf Weiterbildungsniveau beschäftigen.

(H. Steinmetz)