Der H.G. Mertens-Preis für innovative therapierelevante Forschung im Bereich der neurologischen Intensivmedizin und allgemeinen Neurologie geht in diesem Jahr an PD Dr. med. Julian Bösel von der Neurologischen Klinik der Universität Heidelberg.
Die Verleihung fand im Rahmen der Jahrestagung ANIM in Berlin statt. DGNI und DGN würdigten damit vor allem die wegweisende Arbeit des Preisträgers im Bereich Atemwegs- und Beatmungsmanagement von Patienten mit schweren ischämischen oder hämorrhagischen Schlaganfällen.
Tracheotomie bereits in den ersten Tagen auf der Intensivstation
Bösel zeigte unter anderem in der SETPOINT-Pilotstudie, dass eine Tracheotomie, die bei schwerst betroffenen Schlaganfallpatienten schon in den ersten Tagen auf der Intensivstation vorgenommen wird, positive Effekte hat: Die Patienten brauchen weniger Sedativa und müssen seltener vollkontrolliert beatmet werden. Darüber hinaus legte die Studie nahe, dass die frühe Tracheotomie die Mortalität positiv beeinflusst.
„Die Ergebnisse waren so vielversprechend, dass wir sie momentan im Rahmen der SETPOINT2-Studie überprüfen und ausweiten wollen“, so der Neurologe aus dem Universitätsklinikum Heidelberg. „Der Ansatz ist dieses Mal multizentrisch, um so durch eine große Fallzahl generalisierbarere Aussagen über den tatsächlichen Nutzen im funktionellen Outcome der Patienten zu erreichen.“ Dies ist auch ganz im Sinne von IGNITE!, der Forschungsgruppe der DGNI für multizentrische klinische Neurointensivstudien. Bösel ist hier derzeit neben einem Neurochirurgen der neurologische Sprecher.
Intubation oder keine Intubation bei der endovaskulären Schlaganfallbehandlung?
Mehrere Studien haben bereits nachgewiesen, dass die katheterbasierte Rekanalisierung beim akuten ischämischen Schlaganfall wirksam ist. Dennoch sind viele Fragen zum optimalen periinterventionellen Management noch offen.
Eine der wichtigsten betrifft das Atemwegsmanagement und die Sedierung. So deuten viele retrospektive Studien darauf hin, dass die weit verbreitete Intubationsnarkose während der Intervention nachteilig für den Patienten sein könnte. Dieser Fragestellung geht Preisträger Bösel daher aktuell mit seiner Arbeitsgruppe in der Studie SIESTA nach. Sie untersuchen den Vergleich zwischen Intubationsnarkose und Leichtsedierung ohne Intubation in diesem Setting.
Neuro-Monitoring mittels Nahinfrarotspektroskopie
Darüber hinaus prüfte Bösel ein Neuro-Monitoring mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIRS, nicht-invasive Messung der Hirn-Sauerstoff-Sättigung), das während der endovaskulären Schlaganfallbehandlung zum Einsatz kommt. Das Verfahren könnte während der Intervention helfen, Beatmung und Narkose bei denjenigen Patienten optimal zu steuern, die diese benötigen und daher klinisch nicht beurteilbar sind. Parameter aus dem Monitoring erlaubten aber auch Aussagen über die klinische Prognose des Patienten nach dem Eingriff.