T. Fan, Wang G, Mao B et al.
In: BMJ 2008 ; 337; 1841

 

BEWERTUNGSSYSTEM

*****    = hervorragende Arbeit
****    = gute grundlagenwissenschaftliche Arbeit/klinische Studie/Übersichtsarbeit
***    = geringer Neuheitswert oder nur für Spezialisten geeignet
**    = weniger interessant, leichte formale oder methodische Mängel
*    = erhebliche Mängel

 

NIMA_1-2010


Bewertung: **





Zielstellung:

Gelegentlich erfordert das Auftreten eines Larynx-Ödems nach Extubation die Reintubation. Die Autoren gingen der Frage nach, ob die prohylaktische intravenöse Steroid-Gabe hier protektiv wirksam ist.


Design:

Es handelt sich um Meta-Analyse, die sechs randomisierte Placebo-kontrollierte Sudien mit insgesamt 1923 Patienten einschließt. In den jeweiligen Studien wurde der Effekt der prohylaktischen parenteralen Steroid-Gabe auf das Auftreten eines Larynx-Ödems und die Notwendigkeit einer Reintubation untersucht. Dabei wurden in einigen Studien Einzeldosen, in anderen multiple Dosen appliziert. Das Behandlungsintervall vor Extubation betrug je nach Studie 0,5 bis 24 Stunden.


Wichtige Resultate:

Die prohylaktische Steroid-Gabe führte zu einem verminderten Auftreten eines Larynx-Ödems (odds ratio 0,38; 95% confidence interval 0,17 – 0,85) und einer weniger häufigen Notwendigkeit zur Reintubation (0,29; 0,15 – 0,58). In einer Subgruppen-Analyse zeigte nur die wiederholte prophylaktische Steroid-Gabe einen signifikanten Effekt auf Larynx-Ödem (0,14; 0,08 – 0,23) und Reintubation (0,19; 0,07 – 0,50). Steroid-bedingte Nebenwirkungen ließen sich nicht nachweisen.


Schlussfolgerung:

Die wiederholte prohylaktische Steroid-Gabe vor Extubation reduziert die Häufigkeit eines Larynx-Ödems und einer Reintubation.


Kommentar:

Theoretisch erscheint die prophylaktische Steroid-Gabe vor Extubation durchaus plausibel. Eine generelle Empfehlung kann aber nach der vorliegenden Meta-Analyse nicht gegeben werden. Ein Problem ist die Heterogenität der vorliegenden Studien, v. a. was die Dosierungs-Schemata und Behandlungsintervalle angeht. Hier scheinen multiple Dosen über einen längeren Zeitraum (12 – 24 Stunden vor Extubation) besonders protektiv. Dies könnte aber, konsequent angewandt, im Einzelfall zu einer Verzögerung der Extubation mit den entsprechend einhergehenden Risiken führen. Weiterer Schwachpunkt der vorliegenden Meta-Analyse ist, dass nur in drei der eingeschlossenen sechs Studien Nebenwirkungen der Steroid-Therapie explizit beschrieben wurden. Insofern kann nicht auf die Sicherheit der prophylaktischen Steroid-Gabe geschlossen werden. Hier wären weitere Untersuchungen zum Nutzen-Risiko-Verhältnis abzuwarten. In diesem Zusammenhang bleibt auch die Frage offen, ob eine notwendige Reintubation im Falle eines Larynx-Ödems wirklich zu einer Verschlechterung der Gesamtprognose führt. Ein pragmatisches Konzept wäre die Erwägung einer prohylaktischen Steroid-Gabe bei gefährdeten Patienten, z. B. nach Rachen-OP, wobei viele dieser Patienten wahrscheinlich schon unabhängig von zu erwartenden Extubationsschwierigkeiten intraoperativ mit Steroiden behandelt werden. Darüber hinaus gibt es natürlich noch die bereits breit angewendete Möglichkeit, Patienten vor Extubation an dem entblockten Tubus vorbei atmen zu lassen. Durch diesen einfachen Test lassen sich auf ein Larynx-Ödem zurückzuführende Probleme bei der Extubation im Vorfeld gut abschätzen.


(T. Pfefferkorn)